Medienexperte Peter Plaikner analysierte am 12. April beim traditionellen „Medienfrühling” im Medienzentrum Steiermark aktuelle Trends unter dem Titel „Neue Gesetze, neue Finanzierung, neue Chefs. – Neue Medien?“. Seit 2008 referiert Plaikner Jahr für Jahr in Graz über Reichweiten, Auflagen und Finanzierungsmodelle.
Laut Plaikner nimmt das Tempo, mit dem der Wandel in der Medienbranche stattfindet, stetig zu. Markant im Nutzungsverhalten sei vor allem die Spaltung der Gesellschaft entlang der Generationslinien:
Je jünger desto Bildschirm, je älter desto Print und Patschenkino. Klassische Printmedien und lineares Fernsehen können demnach nicht mehr zulegen – im Gegenteil!
Zum Hype um künstliche Intelligenz und ChatGPT kommt auch der Kommunikationsexperte nicht vorbei:
KI wird nicht nur die digitale Kommunikation verändern, sie stellt ganze Lebensabläufe auf den Kopf, es gibt aber keinen Grund zur Panik. Es geht wohl verstärkt Richtung computergestütztes Arbeiten. Künstliche Intelligenz kann zwar Sachverhalte nüchtern und objektiv beschreiben – Kolumnen, die insbesondere auch Kreativität erfordern, kann sie aber noch nicht bieten.
In der Datenerhebung der Leserzahlen durch die Media-Analyse soll es – laut Plaikner – zu Veränderungen kommen. Aktuell seien nicht alle Zahlen ganz schlüssig. Stellt man die Zahlen der Media-Analyse mit den Zahlen der Österreichischen Auflagenkontrolle in Zusammenhang, dann ergäbe sich etwa beim Standard ein Mitlesefaktor von 8,1. Realistisch wären aber zwei bis drei Leserinnen oder Leser pro Exemplar.
Im internationalen Vergleich erreichen die heimischen Zeitungen noch relativ viele Leser:innen. Es sei aber zu befürchten, dass auch in Österreich die Zahlen künftig weiter zurückgehen werden.
Extremer Wettbewerb um Inserate
Dass der Kampf von Medienunternehmen um Werbe-Etats immer härter werde, sei nicht zuletzt den großen Internet-Unternehmen geschuldet, die in Sachen Inserate im direkten Wettbewerb zu klassischen Medien stehen.
Der Kuchen, den es zu verteilen gibt, wird nicht größer, die Zahl der Werbeplattformen aber schon. Mit Blick auf die aktuellen Ermittlungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) in Sachen Inseratenvergabe durch die öffentliche Hand erklärt Plaikner:
Es findet ein extremer Wettbewerb um Inserate statt.
Der Erlös aus Einschaltungen nehme zunehmend ab, das belegen Zahlen aus Deutschland. Plaikner:
2003 machte die Werbung 55 Prozent der Umsätze von klassischen Medien aus, 45 Prozent trugen verschiedene Vertriebsformen bei. Aktuell steuert die Werbung nur mehr 25 Prozent bei.
In der Diskussion um die Finanzierung des ORF fordert Plaikner ein breite öffentliche Diskussion: „Wie müsste ein öffentlich-rechtliches Medium im Jahr 2023 aussehen?” Aktuell gäbe es nur eine Art Bauch-Definition, die noch aus der Ära des legendären ORF-Chefs Gerd Bacher stamme, wonach der ORF als „Zentralanstalt für die österreichische Identität” fungiere. In Zahlen hält sich das ORF-Fernsehen (ORF 1 und ORF 2 kommen gemeinsam auf einen Marktanteil von 31,2 Prozent, ORF 3 auf 2,9 Prozent) stabil.
Informations- und Nachrichtenmüdigkeit in Österreich
Aus dem Digital News Report 2022 geht hervor, dass sich in Österreich eine gewisse Informationsmüdigkeit breit macht.
Schließlich können weder TV-Nachrichtenprogramme, Radionachrichtenprogramme, Soziale Medien, Websites/Apps von Zeitungen, gedruckte Zeitungen, Websites/Apps von TV- und Radiounternehmen, 24-Stunden-TV-Nachrichtensender, Websites von gedruckten Magazinen, Websites/Apps anderer Nachrichtenorganisationen noch gedruckte Magazine Zuwächse als „genutzte Nachrichtenquelle” verzeichnen. Die Zahlen sind – im Gegenteil fast durchwegs – rückläufig.
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Titelfoto © Land Steiermark/ Binder