In wenigen Tagen findet die zweitägige Internationale Hundeausstellung in der Grazer Stadthalle statt. Besucher haben bei der Veranstaltung die Möglichkeit sich über zahlreiche Rassen bei den teilnehmenden Züchtern vor Ort zu informieren und Wissenswertes rund um den Hund zu erfahren. Seit im letzten Jahr Grazer Amtstierärzte im Rahmen von Kontrollen sehr genau auf Qualzuchtmerkmale geschaut haben, kam es zu einem Disput zwischen Hundezüchtern und den Zuständigen der Stadt Graz. So sagte beispielsweise der österreichischer Jagdspaniel-Klub seine Teilnahme gleich ab und der ÖKV stellt sich mit rechtlicher Beratung auf die Seite der betroffenen Hundezüchter.
Wir wollten von einer Hundeexpertin aus Graz wissen, wie sie als Insiderin das Thema Kontrollen auf Hundeausstellungen sieht. Ines (Name von der Redaktion geändert) war mit ihrem Hund früher auch auf Ausstellungen und hatte auch die Zuchtzulassung. Sie kennt sich daher mit der Thematik der Ausstellungen und Zuchtzulassungen aus.
Hundeexpertin im Interview zum Thema Kontrollen bei Hundeausstellung
Ines: Zuerst muss man sich die Frage stellen, was die Amtstierärzte in Graz letztes Jahr und vermutlich auch heuer eigentlich bezwecken. Schaut man sich die Qualzuchtproblematik an (per Gesetz ist es verboten, Tiere mit Qualzuchtmerkmalen zu züchten und auch AUSZUSTELLEN … was in den letzten Jahren leider viel zu oft vernachlässigt wurde), ist es für mich wünschenswert, wenn solche Tiere (endlich) von Amtstierärzten ausgeschlossen werden.
§ 5. (1) Es ist verboten, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. (2) Gegen Abs. 1 verstößt insbesondere, wer 1.
Züchtungen vornimmt, bei denen vorhersehbar ist, dass sie für das Tier oder dessen Nachkommen mit Schmerzen, Leiden, Schäden oder Angst verbunden sind (Qualzüchtungen), sodass in deren Folge im Zusammenhang mit genetischen Anomalien insbesondere eines oder mehrere der folgenden klinischen Symptome bei den Nachkommen nicht nur vorübergehend mit wesentlichen Auswirkungen auf ihre Gesundheit auftreten oder physiologische Lebensläufe wesentlich beeinträchtigen oder eine erhöhte Verletzungsgefahr bedingen: (…) Quelle
Die Richter und / oder Veranstalter sind / waren bis dato da ja meiner Meinung nach sehr wenig dahinter. Trotz der gesetzlichen Auflagen. Ergo ist es kein Wunder, wenn sich irgendwann der Staat (also die Amtstierärzte) da einmischen müssen. Letztendlich geht es den Amtstierärzten ja um das Wohlergehen der Tiere.
Leider sehen Züchter das anders.
Mich wundert es nicht, dass es zwischen Amtstierärzten und Züchtern beziehungsweise dem ÖKV (wird ja großteils von den Züchtern finanziert) so eskaliert. Wenn du einen Züchter fragst, ob ihm das Wohlergehen seiner Tiere wichtig ist, wird das wohl niemand verneinen. Aber ob der Mops noch atmen kann, wird dann sehr subjektiv bewertet. Kommt oft genug vor, dass Züchter ihre (qualgezüchteten) Tiere als „gesund“ deklarieren, obwohl es medizinisch nicht der Fall ist. Ergo wird auch jeder Amtstierarzt, der was anderes behauptet, von den Züchtern als „Feind“ dargestellt.
Ich war letztes Jahr bei der Hundeausstellung in Graz nicht dabei, bin aber auch kein Fan von IHAs (Anmerkung der Redaktion: Internationale Hundeausstellung). Die sind mir viel zu groß und zu stressig. Zu behaupten, dass der eigene Hund so eine Veranstaltung nicht stressig findet, naaajaaa … Ich finde da kleinere Clubschaus, wo eben nur ein paar Rassen präsentiert werden, viel angenehmer und auch tierschutzkonformer. Aber gut, das ist ein eigenes Kapitel. Ich kann dadurch also nicht sagen, was wirklich passiert ist. Ich kenne sowohl die Aussagen einiger Züchter (einige davon kenne ich persönlich), als auch von einer Amtstierärztin (die letztes Jahr allerdings nicht vor Ort war).
Hauptstreitpunkt: Vibrissen
Soweit ich mitbekommen habe, ist der Hauptstreitpunkt das Thema Vibrissen. Dazu gibt es momentan aus wissenschaftlicher Sicht noch recht wenig, was den Hund betrifft. Dass man beim Scheren von Pudel und Co, das kürzen der Vibrissen vermutlich nicht ganz verhindern kann, leuchtet mir irgendwo ein. Allerdings muss man ja auch keine klassische Pudelfrisur mit nacktem Gesicht scheren. Kenne genug Pudel mit Bart (die mir persönlich auch besser gefallen). Das Thema fällt allerdings nicht unter „Qualzucht“ sondern „Tierqälerei“.
Wie heiß das letztes Jahr gegessen wurde, weiß ich wie gesagt nicht. Eine Züchterin aus meinem Bekanntenkreis, die so eine Vorladung bekam, hat allerdings Pudel, die im Gesicht komplett kahl rasiert sind. Dass man bei „Kahlnasen“ verwarnt wird, finde ich absolut in Ordnung. Ich verstehe nicht, warum man die Gesichtshaare nicht einfach etwas länger stehen lassen kann. Das wäre aus meiner Sicht doch kein Problem. Aber ich weiß auch nicht, ob „Barthunde“ auch vorgeladen wurde. In dem Fall würde ich die Aufregung nachvollziehen können.
Ich denke, über das Thema Vibrissen lässt sich streiten. Ich denke aber auch, dass in Zukunft diesbezüglich weitere wissenschaftliche Erkenntnisse kommen werden. Bis dahin sollte man die Vibrissen so gut es geht stehen lassen. Da ist auch absolut nichts dabei.
Ich selbst bin in die Thematik ja schon sehr involviert und kann vielleicht auch nicht mehr alles so objektiv betrachten, aber ich kann mir vorstellen, dass so manch Außenstehender durch die Aufregung seitens der Züchter und des ÖKVs ein schlechtes Bild von Züchtern bekommen kann. Schaut es doch so aus, als ob den Züchtern die Gesundheit der Tiere egal wäre, wenn man die Arbeit der Amtstierärzte (die wie gesagt ja für das Wohl der Tiere da sein sollen) bekrittelt.
Was mich generell an Ausstellungen stört, ist, dass der eigentliche Sinn dahinter mehr und mehr verloren geht.
Ursprünglich war es dazu gedacht, einen gewissen Rassenstandard einzuhalten und gesunde Hunde zu züchten. Schaut man sich Leistungsausstellungen an (z.B. bei Arbeitslinien) hat man das Problem der Qualzucht und Rassekrankheiten so gut wie gar nicht bzw. nur kaum. Klassische Hundeausstellungen sind inzwischen aber zu reinen Schönheitsshows verkommen, wo es den Hundebesitzern und Züchtern nur darum geht, möglichst gut abzuschneiden und sich selbst zu profilieren.
Ein paar wenige gehen nur, um die Zuchtzulassung zu bekommen. Dazu muss man nämlich ein paar Austellungsergebnisse erzielen. Dem Hund ist es nämlich wurscht, ob er ein „vorzüglich“ oder „genügend“ bekommt. Auch ist ein „Champion-Titel“ nicht aussagekräftig, ob es sich dabei um einen gesunden Hund handelt oder nicht. Ergo verfehlen klassische Ausstellungen für mich ihren Sinn. (Da sind Körungen, wo das Wesen des Hundes überprüft wird schon sinnvoller, wobei man dafür auch (von einem Richter subjektive bewertete) Ausstellungsergebnisse benötigt, um antreten zu dürfen).
Alles nicht so einfach mit Hundeausstellungen
Wie gesagt, Leistungsüberprüfungen wie es sie für einige Arbeitslinien gibt, finde ich gut, da hier wirklich auf Gesundheit und nicht aufs Äußere Wert gelegt wird. Solche Hunde sind allerdings keine Couchpotatos und sind sicherlich nicht für Jedermann und Jederfrau geeignet.
➡ Mehr zum Thema: Welcher Hund passt zu mir?
Klassische Ausstellungen, wo es inzwischen nur noch ums Äußere und um „Schönheit“ (welche ja sehr subjektiv ist) geht, finde ich aber unsinnig. Sie können unter Umständen Qualzuchtmerkmale fördern (siehe Mops, Schäfer und Co) und tragen für den späteren Welpenkäufer mehr für Verwirrung bei. Was bitte nicht heißen soll, dass alle Zuchthunde (die man auf IHAs und Co findet) krank sind. Es gibt durchaus sehr bemühte Züchter. Aus meinem Bekanntenkreis weiß ich aber, dass solche Züchter eher wenig Wert auf Ausstellungen legen.
Titelbild: Symbolfoto