Das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und bietet viele Vorteile, aber auch Gefahren, denn die Grenzen zwischen „zeitgemäßer Nutzung“ und Suchtgefährdung sind fließend.
Erstmals liefert die umfangreiche Studie „Prävalenzschätzung und Strategieentwicklung zur suchtassoziierten Internetnutzung in der Steiermark“ konkrete Zahlen für die Steiermark und zeigt auf, wie suchtgefährdet Schüler:innen und Erwachsene sind.
Studie über Internetsucht
Heute präsentierte Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß im Medienzentrum Steiermark gemeinsam mit SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz, Gesundheitsfonds-Geschäftsführer Michael Koren und Studienautor Thomas Lederer-Hutsteiner von x-sample Sozialforschung eine umfangreiche Studie zu dem Thema.
Für die Studie wurden im Jahr 2022 rund 3.000 steirische Schülerinnen und Schüler ab der siebten Schulstufe und rund 800 steirische Erwachsene befragt. Zentrale Ergebnisse der repräsentativen Erhebungen:
- Bei 32 Prozent der Schüler:innen zeigen sich anwendungsübergreifend (Soziale Netzwerke, Spiele etc.) Suchtsymptome, die darauf hinweisen, dass sie suchtgefährdet sind („Prävalenz“). Signifikant höhere Prävalenzen zeigen sich bei schlechterer psychischer Gesamtkonstitution, stärkerer Neigung zur Langeweile, Angstproblematik, Schlafbeschwerden und höheren Tages- und Nachtnutzungsdauern. Ob diese Merkmale eine Folge des hohen Internetkonsums sind oder der hohe Internetkonsum z. B. schlechte psychische Gesamtkonstitution fördert, lässt sich aus der Studie nicht ableiten, da alle Merkmale zum gleichen Zeitpunkt erhoben wurden.
- 59 Prozent der Jugendlichen nutzen ihr Smartphone auch nach Mitternacht (an zumindest einem von fünf Abenden, denen ein Schultag folgt). Bei 18 Prozent zeigen sich klinisch relevante Schlafprobleme.
- Bei 9 Prozent der Erwachsenen zeigen sich anwendungsübergreifend Suchtsymptome, die darauf hinweisen, dass sie suchtgefährdet sind. Signifikant höhere Prävalenzen zeigen sich bei jüngeren Personen, Personen, bei denen Soziale Medien die dominante Internetanwendung darstellen, stärkerer Neigung zur Langeweile und höheren Nutzungsdauern.
Eine Prävalenz für suchtgefährdete Nutzung ist aber nicht gleichzusetzen mit „suchtkrank“, da eine klinische Diagnostik über die Erhebung nicht möglich war. Gesichert sei jedoch, dass am Nutzungsverhalten der o.a. 32 Prozent der Schüler:innen und neun Prozent der Erwachsenen suchthafte Prozesse beteiligt sind und die Online-Aktivitäten als Bewältigungsstrategie gegen unangenehme Stimmungen angewandt werden. Suchthafte Prozesse sind z. B. Kontrollverlust, daraus resultierende berufliche/schulische und zwischenmenschliche Konflikte, gedankliche Einengung.
Mögliche Folgen einer suchthaften Internetnutzung
Laut Lederer-Hutsteiner zeigt sich aus der Literatur, dass Depressionen, Angst und soziale Isolation die Gefahr einer Suchterkrankung erhöhen können – und ebenso, dass ein suchthaftes Internetverhalten diese Symptome verstärken kann.
Ob ein Internet-Nutzungsverhalten suchthaft ist, lässt sich NICHT primär an Zeitangaben (z. B. Anzahl der Stunden, die man online ist) festmachen.
Interessant ist nicht die Zeit, sondern ob der Nutzer bzw. die Nutzerin bspw. die Kontrolle verloren hat und es nicht schafft, die Onlinezeit zu reduzieren, obwohl daraus bereits klare negative Konsequenzen bspw. in der Schule, am Arbeitsplatz oder in der Familie vorhanden und erkennbar sind.
erläutert Lederer-Hutsteiner. Weitere mögliche Merkmale einer Suchterkrankung können sein:
- Man ist online, obwohl man es eigentlich gar nicht will und weiß, dass es einem nicht guttut.
- Der ganze Alltag ist gedanklich geprägt von der nächsten Online-Nutzung.
- Man wird unruhig und aggressiv, wenn man keinen Zugang zum Internet hat.
Es ist bei Kindern und Jugendlichen, die im Gegensatz zu unserer Generation mit dem Internetkonsum aufwachsen, essentiell, diese über potentielle Gefahren zu informieren und vor allem zu schützen. Wir arbeiten aber auch laufend daran, die Gesundheitsversorgung der modernen Gesellschaft weiterzuentwickeln. Die Digitalisierung ist zunehmend in unserem Alltag präsent und ermöglicht große Potenziale, wie etwa die Telemedizin, die wir auch nutzen.
so Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß.
Die Chancen und Möglichkeiten des Internets sind fast grenzenlos, doch auch die damit verbundenen Risiken, speziell für Kinder und Jugendliche, sind nicht zu unterschätzen. Wir haben daher als erstes Bundesland Österreichs eine umfassende Studie zur suchtgefährdeten Internetnutzung beauftragt, um eine fundierte Datenbasis für weitere Maßnahmen zu erhalten.
erklärt SPÖ-Klubobmann Hannes Schwarz und Michael Koren, Geschäftsführer des Gesundheitsfonds Steiermark.
Die Suchthilfeeinrichtungen der Steiermark werden vom Gesundheitsfonds Steiermark koordiniert und sind die erste Anlaufstelle für Betroffene und Angehörige. Bereits jetzt gibt es Angebote zur Verbesserung der Medienkompetenz und einer gesunden Internetnutzung. Basierend auf den Studienergebnissen werden wir diese Angebote nun gezielt ausbauen und etablieren dazu ein Expertinnen- und Expertengremium, das einen Aktionsplan ausarbeiten wird.
Foto: Michael Koren, Geschäftsführer des Gesundheitsfonds Steiermark, Hannes Schwarz, SPÖ-Klubobmann, Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß und Studienautor Thomas Lederer-Hutsteiner von x-sample Sozialforschung (v.l.) / © Foto: Land Steiermark/Binder.