Start Nachgefragt Warum tritt Grazer Vizebürgermeister Eustacchio erst vor den Wahlen für maßvolle Stadteinwicklung ein?

Warum tritt Grazer Vizebürgermeister Eustacchio erst vor den Wahlen für maßvolle Stadteinwicklung ein?

Die Grazer FPÖ mit Vizebürgermeister Mario Eustacchio kritisiert uferlose Maximierung von Wohnflächen. Woher kommt der Sinneswandel, obwohl er die letzten Jahre in der Stadtregierung sitzt? Wie fragten nach.

Verbauung Graz

Ende Juli erreichte uns eine Aussendung der FPÖ Graz, in der eine „unzusammenhängende Grazer Stadtentwicklungspolitik“ vom Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio kritisiert wurde: Der Mensch und die Familie müssten bei der Stadtentwicklung im Vordergrund stehen. Es brauche ein ganzheitliches Denken. Für das ganze Grazer Stadtgebiet wichtige Orte, wie beispielsweise die Frischluftschneise in Mariatrost, müssten zum Schutz der Grazer Luftqualität bewahrt werden.

Der Bereich der Stadtentwicklung stellt die Politik hinsichtlich des Wachstums unserer Stadt vor komplexe Aufgaben. Die FPÖ Graz spricht sich hier für eine maßvolle Nachverdichtung entlang von siedlungspolitischen Vorrangzonen aus. Hauptaugenmerk wird auf einen verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource Grund und Boden gelegt. Nicht die uferlose Maximierung von Wohnflächen, sondern die
Forcierung von bedarfsgerechtem Wohnbau ist uns ein Anliegen. Der Mensch und die Familie stehen im Vordergrund unseres Handelns! Der Wohnbau darf nicht zum Spekulationsobjekt von Immobilien-Fonds verkommen.

Gerade in Zeiten von Corona wurde uns allen bewusst, wie entscheidend es für das Wohlbefinden der Bürger ist, im urbanen Bereich eine Vielzahl an Naherholungsräumen vorzufinden. Diese gilt es weiter zu erhalten und durch konsequente Bevorratung von Flächen auch in Zukunft sicherzustellen. Hinsichtlich der nicht vorausschauenden Stadtentwicklung von einzelnen Siedlungsgebieten braucht es dort einen partiellen Baustopp! Dadurch soll das Bauaufkommen befristet ausgesetzt werden. Dies soll in unmittelbarer Abfolge mit Anpassungen des Stadtentwicklungskonzeptes einhergehen (…)

 

so Mario Eustacchio.

Wahlen stehen an

Für uns eine interessante Wendung. Die letzten Jahre haben wir diese medienwirksamen Töne von Eustacchio als Vizebürgermeister der Stadt Graz nicht vernommen, obwohl das Thema Verbauung vielen Bürger:innen am Herzen liegt. Aber es stehen auch Wahlen in Graz an

Wir wollten deshalb von Mario Eustacchio, politisch zuständig für die Bau- und Anlagenbehörde, aber auch Amt für Wohnungsangelegenheiten, wissen:

Warum tritt der Vizebürgermeister erst jetzt dafür ein und nicht bereits seit Jahren, genauer gesagt seit Beginn der aktuellen Stadtregierung?

Antwort auf unsere Frage an den Vizebürgermeister erhielten wir nicht von Eustacchio, sondern von Hedwig Staller, Stadtparteigeschäftsführerin der FPÖ Graz:

Tatsächlich wurden das Stadtentwicklungskonzept sowie das Leitbild von Graz erst am 6. Juni 2019 vom Gemeinderat beschlossen. Das Stadtentwicklungskonzept wurde dabei sogar von allen Fraktionen einstimmig verabschiedet. Dies liegt daran, dass das Stadtentwicklungskonzept 4.0 einen sehr guten Inhalt aufweist und eine ambitionierte Vorgehensweise gegen eine überbordende Verbauung vorsah. Leider hat sich in den letzten zwei Jahren herausgestellt, dass die Konzepte nicht dazu geeignet sind, der Verbauung tatsächlich Einhalt zu gebieten. Daher war es jetzt höchst an der Zeit, einhergehend mit einer Bausperre die Aussetzung dieses Konzeptes zu fordern, damit noch exaktere Kriterien definiert werden, um zügellose Verbauung und Versiegelung in Zukunft zu verunmöglichen.

1 Kommentar

  1. „Daher war es jetzt höchst an der Zeit, einhergehend mit einer Bausperre die Aussetzung dieses Konzeptes zu fordern, damit noch exaktere Kriterien definiert werden, um zügellose Verbauung und Versiegelung in Zukunft zu verunmöglichen.“

    Jetzt auf einmal … bisher haben sich die Verantwortlichen überhaupt nicht darum gekümmert, dass so viel gebaut wurde bzw. wird. 38.000 Leerstände in Graz (jedenfalls noch im März 2021) und Wohnungen, die sich nur einkommensstarke Personen leisten können wie z.B. in dem abgehobenen neuen Grazer Stadtteil, der erst 2025 fertig sein wird. Sieht sehr schön aus, beinahe wie diese modernen Hotelsiedlungen an der Adria, wenn manche Häuser auch wie Legebatterien wirken. Anscheinend darf dort nur die Grazer Elite wohnen.

    In unserem Bezirk gibt es noch Gassen mit Einfamilienhäusern und Gärten; dazwischen wurden hässliche Betonschachteln hineingestellt, die den Leuten in ihren kleinen Villen das Licht wegnehmen und überhaupt nicht harmonisch ins Gesamtbild passen.

    Wunderschöne alte Gebäude werden, obwohl denkmalgeschützt, gnadenlos entfernt, um diesen neuen Betonklötzen Platz zu machen. („Sie sind nicht umweltgerecht, verbrauchen zu viel Energie.“ Die Betonburgen sind wahrscheinlich nachhaltiger. Beton hat eine leichte radioaktive Strahlung, das ist sicher „gesund“.) Die sehen steril, seelenlos und hässlich aus.
    Was geht in Köpfen vor, die sich solche Monster ausdenken? Warum dürfen Häuser nicht mehr wie Häuser aussehen?

    Aber die Damen und Herren Politiker müssen ja nicht darin wohnen.

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