Mehr als 7.000 Menschen mit Wohnsitz in Graz und Graz-Umgebung haben sich im Mai 2021 an einer Online-Mobilitätsumfrage beteiligt, die das Institut m(Research im Auftrag von Stadt Graz und Land Steiermark durchgeführt hat.
Laut Marktforscher Peter Maderl hat nicht nur die im Vergleich zu ähnlichen Erhebungen wesentlich höhere Beteiligung überrascht, sondern auch das hohe Involvement: Fast die Hälfte aller Umfrage-TeilnehmerInnen (3.494 Personen) haben die Möglichkeit genutzt, persönliche Anregungen und Vorschläge zu formulieren.
93 Prozent orten Bedarf an Maßnahmen für Verkehrsberuhigung
Die zentrale Aussage der Umfrage sei laut Aussendung der Stadt Graz eine Bestätigung des Kurses, den die Stadt Graz und das Land Steiermark mit der Radoffensive 2030 bereits vor zwei Jahren auf Initiative von Bürgermeister Siegfried Nagl und Landesverkehrsreferent LH-Stv. Anton Lang eingeschlagen haben. 93 Prozent aller Befragungs-TeilnehmerInnen schätzen den Bedarf an Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, insbesondere mehr Radwege, zusätzlicher Grünraum und Begegnungszonen als sehr hoch (76 %) und eher hoch (17 %) ein.
Die Vorschläge aus der Umfrage sollen direkt in den Planungsprozess einfließen. Rund die Hälfte aller Umfrage-TeilnehmerInnen hat die Möglichkeit genutzt, individuelle Verbesserungsvorschläge zur Radinfrastruktur einzubringen bzw. auf bestehende Gefahrensituationen hinzuweisen. Aufgrund der hohen Beteiligung wurde entschieden, sämtliche Inputs aus der Umfrage nach Bezirken zu clustern und je nach Zuständigkeit den einzelnen Sektorenplanern zu übermitteln.
Unabhängigkeit und Umwelt sind die stärksten Motive für das Fahrrad
Ein überraschendes Ergebnis brachte die Frage nach den Gründen, in Graz das Fahrrad als Fortbewegungsmittel zu nutzen. Nicht der Umweltgedanke, sondern die Unabhängigkeit war das meist genannte Motiv: (n = 6.256, Mehrfachnennungen waren möglich)
- 90 % Flexibilität und Unabhängigkeit
- 86 % Umweltfreundlichkeit
- 84 % komme mit dem Fahrrad schneller an Ziel
- 80 % Radfahren ist gesund und hält fit
- 78 % kein Parkplatzproblem
- 70 % kostengünstig
- 69 % macht Spaß
- 59 % Bestandteil meines Lebensstils
Fehlende Infrastruktur hält am meisten vom Radfahren in Graz ab
Ein Auftrag an die künftige Verkehrspolitik sind die Antworten auf die Frage, warum Menschen ihre Alltagswege in Graz nur selten oder nie mit dem Fahrrad zurücklegen. Hier die häufigsten Gründe (n = 981, Mehrfachnennungen waren möglich):
- 48 % zu wenig Radinfrastruktur (Radwege, Radfahrstreifen)
- 31 % zu gefährlich
- 23 % unbeständiges Wetter
- 20 % zu lange Wege
- 16 % Angst, mit dem Rad zu fahren
- 15 % habe kein Fahrrad
- 14 % komme mit dem Rad nicht so schnell ans Ziel
- 10 % fehlende Abstellplätze am Zielort
- 8 % schlechte Beleuchtung von Radwegen
Autofahrer:innen für Tempo bei der Radinfrastruktur
Nicht nur eingefleischte RadfahrerInnen sind für eine Neuverteilung des Grazer Verkehrsraumes – auch jene AutofahrerInnen, die mitunter mit dem Rad unterwegs sind, sehen hier hohen Handlungsbedarf, was die Ergebnisse zur Frage „Einbahnlösungen beziehungsweise Umwidmung öffentlicher Parkplätze zugunsten von Gehwegen, Radwegen und mehr Grün“ verdeutlichen (siehe Diagramme)
Reaktionen der Grazer Politik zu Radumfrage
Es ist eindrucksvoll, wie viele Menschen in Graz sich zum wichtigen Thema Radfahren und zu Verkehrsberuhigungsmaßnahmen geäußert haben und es zeigt, dass wir mit unserer Radoffensive, in die bis zum Jahr 2030 100 Millionen Euro fließen, auf dem richtigen Weg sind. Wir verstehen die Umfrageergebnisse als deutliches Signal und Zuspruch, denn es gibt noch vieles zu tun.
so Bürgermeister Siegfried Nagl und der steirische Landesverkehrsreferent LH-Stv. Anton Lang freut sich, dass so viele Menschen im Großraum Graz bei dieser Umfrage abgestimmt und dort ihre persönlichen Ideen und Vorschläge eingebracht haben.
Dieses Ergebnis zeigt eindrucksvoll, dass wir mit unser gemeinsamen Radoffensive den Nerv der Zeit getroffen haben. Die meisten Wege, die wir im Alltag zurücklegen, ob es der Weg zur Arbeit ist oder der Weg zum Einkaufen, betragen nicht mehr als rund fünf Kilometer. Eine Distanz, die mit dem Rad in den meisten Fällen viel schneller zu bewältigen ist als mit dem Auto. Ich bin davon überzeugt, dass je besser die Radverbindungen erschlossen sind, desto mehr Menschen werden sich auch auf das Rad schwingen. Darüber hinaus ist es mir auch ein großes Anliegen, aus umweltpolitischen Gründen Anreize zum Radfahren zu schaffen, denn damit kann jeder seinen eigenen Beitrag zum Umweltschutz leisten.
Für Verkehrsstadträtin Elke Kahr sind die Ergebnisse eine Bestätigung:
Die Umfrage zeigt, dass der Kurs in Sachen Mobilität stimmt. Mehr Radinfrastruktur und Verkehrsberuhigung, wie zuletzt am Lendplatz, wird schrittweise umgesetzt. Natürlich werde ich die eingebrachten Vorschläge ernst nehmen. Ziel ist es, die Fahrradstadt Graz, in der schon jetzt jeder fünfte Weg mit dem Fahrrad zurückgelegt wird, noch radfahrfreundlicher zu machen.
Also bei uns in Andritz sind massenhaft Radfahrer unterwegs. Das ist ja gut; als Radfahrer
bewegt man sich in frischer Luft und man produziert keine schädlichen Abgase.
Ich selbst konnte aus Gesundheitsgründen nie Radfahren. Was mich an manchen Radfahrern stört, ist eine gewisse Rücksichtslosigkeit. Nicht wenige fahren, um ihren Weg abzukürzen, in beängstigendem Tempo ein Stück am Gehsteig. Man muss vor den Rad-
fahrern allgemein sehr aufpassen, sie sind so schnell unterwegs. In unserer Siedlung gibt es viele alte Menschen, zu denen ich gehöre. Wir sind noch ausgehfähig und froh darüber aber wir können einfach nicht mehr so schnell laufen wie die Jungen.
Radfahrer kommen oft so schnell und ziemlich lautlos heran, dass man sie, wenn man in Gedanken versunken ist, z.B. was kaufe ich heute ein, erst bemerkt, wenn man fast schon das Vorderrad am Gesäß spürt.
Das ist jetzt ein wenig übertrieben … wir wissen, dass wir achtgeben müssen aber im Großen und Ganzen ist es so.
Bezugnehmend auf den Kommentar von Frau Zamecnik:
Deshalb ist es wichtig auf der Straße Platz für den Radverkehr zu schaffen und Autoflächen in Radverkehrsflächen umzuwandeln. Damit gar niemand mehr auf die Idee kommt einen Gehsteig zu benutzen, der ja für zu Fuß Gehende da ist. Auch die gemeinsamen Fuß- und Radwege sollten reduzieret werden indem man Platz für Radler durch die Umwandlung von Autoverkehrsflächen schafft.