Die heute im Ministerrat beschlossene Stromkostenbremse ist für ca. 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs eines Haushalts wirksam und soll den Kostenanstieg dämpfen. Für den Verbrauch über 2900 kWh hinaus muss der Marktpreis bezahlt werden. Dadurch soll auch ein Anreiz zum Stromsparen gesetzt werden und direkt inflationsreduzierend wirken.
Die Stromkostenbremse entlaste einen Haushalt um durchschnittlich rund 500 Euro pro Jahr. Rund 3-4 Mrd. Euro, je nach Preisentwicklung stellt die Bundesregierung dafür in Summe bereit. Die Stromkostenbremse wird voraussichtlich ab 1. Dezember
direkt auf den Stromrechnungen wirksam und gilt bis zum 30. Juni 2024.
So funktioniert die Stromkostenbremse
- Pro Haushalts-Zählpunkt werden maximal 2900 kWh als Grundbedarf gefördert. Das sind rund 80 Prozent des durchschnittlichen Verbrauchs der österreichischen Haushaltskund:innen.
- Als Schwellenwert werden 10 Cent pro Kilowattstunde angenommen, das entspricht etwa dem Vorkrisen-Niveau.
- Der obere Schwellenwert liegt bei 40 Cent pro Kilowattstunde. Das bedeutet, Verbraucher:innen, die 25 Cent Arbeitspreis pro Kilowattstunde vom Energieversorgungsunternehmen in Rechnung gestellt bekommen, erhalten für die festgelegten 2900 kWh jeweils 15 Cent pro Kilowattstunde vom Staat abgezogen. Wer 40 Cent pro Kilowattstunde zahlen muss, erhält 30 Cent vom Staat. Bei 45 Cent sind es ebenfalls 30 Cent. Diese Obergrenze soll verhindern, dass Energieversorgungsunternehmen angesichts dieser Unterstützungsleistung die Preise anheben.
Nach dem Beschluss im Ministerrat am Mittwoch soll die Stromkostenbremse voraussichtlich im Oktober im Parlament beschlossen werden.
Stromkostenbremse soll schnell und unbürokratisch helfen
- Personen mit hohem Einkommen verbrauchen in der Regel mehr Strom. Sie bezahlen für den Verbrauch, der über die 2900 KWh hinausgeht, den Marktpreis.
- Für Haushalte, in denen mehr als drei Personen leben, soll es in einem zweiten Schritt die Möglichkeit geben, einen Antrag auf ein zusätzliches gefördertes Kontingent
zu stellen. - Für Menschen, die von den Rundfunk-Gebühren (GIS) befreit sind, wird es einen zusätzlichen Abschlag von 75% der Netzkosten geben. Das sind für diese einkommensschwachen Haushalte bis zu 200 Euro weitere Entlastung – je nach
Höhe des Verbrauchs – und betrifft rund 300.000 Personen. - Zur Unterstützung für die energieintensiven Unternehmen, insbesondere KMU, darunter auch Handwerksbetriebe, finalisiere die Regierung derzeit die notwendige, rasche Hilfe, unter anderem durch den Energiekostenzuschuss. Hier wird nach Fertigstellung der Richtlinie die rasche Bewilligung der Förderung auf EU-Ebene angestrebt. Eine Strompreiskompensation für die energieintensive Industrie wird gerade im Klimaschutzministerium finalisiert.
Niemand in Österreich soll sich seinen Grundbedarf an Strom nicht leisten können. Das ist das wichtigste Ziel der Stromkostenbremse, die wir heute auf den Weg bringen. Hier geht es um rasche und unbürokratische Hilfe, deshalb braucht dafür auch niemand einen Antrag stellen, die Stromkostenbremse wird automatisch für jeden Haushalt abgewickelt.
Sie ist ein weiterer Baustein in der Entlastung der Menschen in einer schwierigen Zeit. Ich sage aber auch ganz ehrlich: Jetzt ist einmal auch die EU am Zug, um jene Probleme zu
lösen, die nur europäisch gelöst werden können. Damit meine ich die Entkoppelung von Strom- und Gaspreisen, um diesem Irrsinn auf den Strommärkten ein Ende zu bereiten.
so Bundeskanzler Karl Nehammer und Vizekanzler Werner Kogler zum Beschluss der Strompreisbremse:
Der russische Angriffskrieg und die pandemiebedingten Lieferengpässe haben zu selten dagewesenen Teuerungsraten geführt. Wir können die Inflation nicht wegzaubern, aber gezielt gegensteuern. Mit der Stromkostenbremse wollen wir einfach und schnell helfen. Die Haushalte sollen sich einen Grundbedarf an Strom leisten können, deshalb wird dafür
ein begünstigter Tarif verrechnet. Alles, was diesen Grundverbrauch übersteigt, ist zu Marktpreisen zu bezahlen. Gleichzeitig wirkt die Preisbremse auch inflationsdämpfend:
Wenn der Strompreis geringer ausfällt, wird auch die Teuerung an sich gedämpft.
Klimaschutzministerin Leonore Gewessler:
Die hohen Strompreise sind für viele Menschen in unserem Land eine große Belastung. Deshalb haben wir uns als Regierung vorgenommen, schnell, unkompliziert und spürbar zu entlasten. Die Stromkostenbremse macht genau das: Sie fördert den Grundbedarf an Strom und sorgt dafür, dass Menschen, die darüber hinaus Unterstützung brauchen, diese
auch erhalten. Zusätzlich stellt sie sicher, dass wir weiterhin sorgsam mit Energie umgehen.
Finanzminister Magnus Brunner:
Die hohe Inflation belastet alle Menschen in unserem Land, gefährdet die Kaufkraft und ist mittlerweile beim Mittelstand angekommen. Österreich ist im Kampf gegen die Teuerung aber sowohl beim Volumen, wie auch beim Tempo im europäischen Spitzenfeld. Viele Maßnahmen, die wir bereits umgesetzt haben, werden in anderen Ländern erst debattiert. Aber die Strompreise steigen weiter und wir haben uns daher im Sommer vorgenommen, die Menschen direkt auf der Stromrechnung zu entlasten. Es wurden viele Vorschläge dazu gemacht und wir haben als Bundesregierung gemeinsam
mit der Energiewirtschaft alle Modelle auf ihre technische und rechtliche Umsetzbarkeit geprüft und versucht, jeweils die besten Punkte der Modelle einfließen zu lassen um
einerseits schnell und andererseits sehr breit zu helfen. Mit diesem Modell gelingt es, die Kosten für Haushalte direkt und automatisch abzufedern.
Reaktionen zur Strompreisbremse
Arbeiterkammer Präsidentin Renate Anderl:
Für die AK ist die Strompreisbremse nur dann sozial gerecht, wenn die Gegenfinanzierung durch jene Energieunternehmen erfolgt, die derzeit aufgrund der hohen Energiepreise enorme Profite erzielen. Denn diese Übergewinne werden auf dem Rücken der Haushalte und Unternehmen finanziert, die derzeit astronomisch hohe Energiepreise zahlen müssen. Da die Energieunternehmen, wie kolportiert, ihre Tarife pauschal abgegolten bekommen sollen, und nicht nach ihren tatsächlichen Erzeugungskosten, ist eine Gewinnabschöpfung notwendig. Nur so ist gewährleistet, dass etwaige Überförderung der Unternehmen wie bei den COFAG-Hilfen vermieden werden. AK und ÖGB haben bereits eine Modell zur Abschöpfung der Übergewinne vorgelegt, das rasch umgesetzt werden soll. Wir lehnen es jedenfalls ab, dass die Steuerzahler:innen sich die Strompreisbremse selber bezahlen.
Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000, sieht bei Strompreisbremse mehr Treffsicherheit gefordert:
Es ist richtig, in der aktuellen Energiekrise zu helfen, gerade die Unterstützung für arme Haushalte sehen wir positiv. Bei der heute im Ministerrat beschlossenen Strompreisbremse geht aber der Anreiz zum Stromsparen in zu vielen Fällen gänzlich verloren. Sinnvoller ist es, zuerst auf EU-Ebene gezielt in den Strommarkt einzugreifen und das Problem kurzfristig starker Strompreisschwankungen damit an der Wurzel zu packen. Dann können in Österreich mit zielgerichteten Maßnahmen jene Haushalte und Betriebe unterstützt werden, die diese Hilfe auch wirklich benötigen. Wenn wir mit der Gießkanne den Geldregen sehr breit streuen, dann sollte uns bewusst sein, dass diese Gießkanne über Steuermittel von uns allen befüllt wird. Eine sehr breite Förderung zahlen wir uns letztendlich also selber.
Foto Dragan Tatic / BKA