Die Maximalgeschwindigkeit der Signalübertragung in Mikrochips liegt bei etwa einem Petaherz (eine Million Gigahertz) und ist damit etwa 100.000 Mal schneller, als es derzeitige Transistoren sind.
Diese Erkenntnis veröffentlichen Physiker:innen der Ludwig-Maximilians-Universität, des Max-Planck-Instituts für Quantenoptik und der Technischen Universitäten Wien und Graz heute im Fachjournal „Nature Communications“. Ob Computerchips dieser Maximalkapazität jemals tatsächlich hergestellt werden können, ist allerdings fraglich.
Zwei Ansätze in der Mikroelektronik um Computer schneller zu machen
- Es wird daran gearbeitet, die Bauteile immer mehr zu verkleinern, damit die Datenübertragung (Signalweg von A nach B) „nicht so lange braucht“. Die physikalische Grenze dieser Miniaturisierung liegt bei der Größe eines Atoms. Kleiner kann ein Schaltkreis physikalisch nicht sein.
- Die zweite Möglichkeit für eine schnellere Datenübertragung liegt darin, die Schaltsignale von Transistoren per se zu beschleunigen. Das sind jene Komponenten in Mikrochips, die den Strom fließen lassen, oder ihn blockieren. Hier setzte die Forschung der deutsch-österreichischen Physikergruppe an.
Hochfrequentes Licht als Geschwindigkeits-Booster
Schnell bedeutet in diesem Fall „hochfrequent“, wie der Hauptautor und Leiter des Instituts für Experimentalphysik der TU Graz Martin Schultze erklärt:
Je schneller man werden will, desto hochfrequenter muss das elektromagnetische Signal sein – und irgendwann kommen wir so in den Bereich der Lichtfrequenz, die auch als elektromagnetisches Signal betrachtet bzw. verwendet werden kann.
Das geschieht beispielsweise in der Optoelektronik, wo Licht dafür verwendet wird, um im Halbleiter die Elektronen vom Valenzband (jener Bereich, wo sich die Elektronen normalerweise aufhalten) zum Leitungsband anzuregen, damit er vom isolierten in den leitenden Zustand wechselt. Die Anregungsenergie wird dabei vom Halbleitermaterial selbst bestimmt. Sie liegt im Frequenzbereich von infrarotem Licht, was schlussendlich auch der maximal erreichbaren Geschwindigkeit entspricht, die mit solchen Materialien erreicht werden kann.
Dielektrisches Material ermöglicht Einsatz von höherfrequenterem Licht und damit schnellere Datenübertragung
Dielektrische Materialien (wie z. B. Gläser oder Keramiken) könnten diese Grenzen überwinden, da sie verglichen mit Halbleitern viel mehr Energie benötigen, um angeregt zu werden. Mehr Energie erlaubt wiederum den Einsatz von höherfrequenterem Licht und damit eine schnellere Datenübertragung. Leider aber können dielektrische Materialien keinen Strom leiten, ohne kaputt zu gehen, wie Marcus Ossiander, Erstautor der Studie und derzeit Postdoktorand an der Universität Harvard bildhaft erklärt:
Wenn Sie beispielsweise ein elektromagnetisches Feld in Glas anlegen, damit dieses Strom leitet, dann ist das Glas hinterher zerbrochen oder hat ein Loch.
Der Ausweg, den die Forschungsgruppe für ihre Untersuchungen wählte: Die Spannung bzw. die Schaltfrequenz so kurz zu halten, dass das Material gar keine Zeit hat, um zu brechen.
Der richtige Puls liefert die richtigen Antworten
Konkret verwendeten die Physiker:innen für ihre Untersuchungen einen ultrakurzen Laserpuls mit einer Frequenz im extremen UV-Bereich. Mit diesem Laserpuls beschossen sie eine Lithiumfluorid-Probe. Lithiumfluorid ist dielektrisch und weist von allen bekannten Materialien die größte Bandlücke auf. Das ist der Abstand zwischen Valenz- und Leitungsband.
Der ultrakurze Laserpuls brachte die Elektronen im Lithiumfluorid in einen energiereicheren Zustand, sodass sie sich frei bewegen konnten. So wurde das Material kurzfristig zum elektrischen Leiter. Ein zweiter, etwas längerer Laserpuls steuerte die angeregten Elektronen in eine gewünschte Richtung, wodurch ein elektrischer Strom entstand, der dann mit Elektroden auf beiden Seiten des Materials detektiert werden konnte. Die Messungen lieferten Antworten auf die Fragen, wie schnell das Material auf den ultrakurzen Laserpuls reagierte, wie lange die Signalentstehung dauerte und wie lange man warten muss, bis das Material dem nächsten Signal ausgesetzt werden kann. „Daraus ergibt sich, dass bei etwa einem Petahertz eine Obergrenze für kontrollierte optoelektronische Prozesse liegt“, sagt Joachim Burgförder vom Institut für Theoretische Physik der TU Wien.
Das heißt freilich nicht, dass Computerchips mit einer Taktfrequenz von knapp einem Petahertz hergestellt werden können. Fest steht aber: Schneller als in den Untersuchungen gezeigt wurde, wird Optoelektronik vorerst nicht werden – wie nahe zukünftige Technologien an diese Grenze rankommen, steht in den Sternen.
Die Forschung von Martin Schultze ist im Field of Expertise „Advanced Materials Science“ verankert, einem von fünf strategischen Schwerpunktfeldern der TU Graz.
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