Im Rahmen einer groß angelegten Polizei-Aktion namens „Operation SUDOKU“ nahmen Polizisten am 6. Oktober 2020 mehrere Tatverdächtige fest. Die aus Nigeria stammende Tätergruppe steht im Verdacht, systematisch und gegen Entgelt Sprach- und Integrationsprüfungen mit gefälschten Dokumenten für Dritte erlangt zu haben, um Aufenthaltstitel und verschiedene Formen des Sozialleistungsbetrugs zu ermöglichen.
Seit Oktober 2019 ermittelten Beamte der Polizeiinspektion Graz-Paulustor-FGP (Fremden- und Grenzpolizei) gegen eine vorerst unbekannte Tätergruppe mit nigerianischen Wurzeln. Einer Mitarbeiterin eines Integrationszentrums war aufgefallen, dass einer ihrer Kandidaten bereits zuvor Prüfungen für andere Personen unter anderem Namen abgelegt hatte. Polizeiliche Überprüfungen sämtlicher bereits absolvierter Integrationsprüfungen im Zeitraum 2017 bis 2019 erhärteten den Verdacht.
Sozialleistungsbetrug: 184 Fälle aufgedeckt
Gemeinsam mit Dokumenten-Experten des Landeskriminalamtes Steiermark stellte die Beamten bei 523 überprüften Dokumenten (bei Prüfungen vorgelegte nigerianische Reisepässe) insgesamt 184 Fälschungen fest. 61 dieser bundesweiten Fälle führten die steirischen Fremdenpolizisten schließlich zu sieben Tatverdächtigen aus Graz.
Polizisten nahmen nun drei Männer im Alter von 49 bis 59 Jahren sowie eine 38-Jährige fest und führten fünf Hausdurchsuchungen durch. Die Personen stehen im Verdacht, systematisch nigerianische Reisepassfälschungen und daran anknüpfende stellvertretende Ablegungen von Deutschprüfungen gegen Entgelt organisiert zu haben.
Dabei flogen Kuriere regelmäßig nach Nigeria, um gefälschte Dokumente zu importieren. Mit den in der Folge erlangten Zertifikaten erschlichen sich Fremde widerrechtlich Aufenthaltstitel, diverse Sozialleistungen sowie in Einzelfällen auch die österreichische Staatsbürgerschaft. Die Ermittlungen hinsichtlich Schadenshöhe und weiterer Tatverdächtiger laufen. Zur Stunde laufen noch Vernehmungen.
Razzien in Graz
Den Dienstagfrüh vollzogenen Festnahmen gingen ein Jahr lang andauernde intensive Ermittlungen und eine enge Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Graz sowie technische Überwachungsmaßnahmen unter Einbindung der Kriminalanalyse voraus. Über 70 Beamte aus dem überwiegenden Bereich der Fremden- und Grenzpolizeilichen Abteilung (FGA), sowie der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), der PI Graz-Sonderdienste (Sektor), Polizei-Diensthundeführer, Kriminalbeamte des Stadtpolizeikommandos Graz sowie Dokumenten- und IT-Experten von Landes- und Bundeskriminalamt standen in den frühen Morgenstunden an mehreren verschiedenen Örtlichkeiten in Graz zeitgleich im Einsatz.
Für den langenanhaltenden Atem und die vorbildliche Arbeit im wichtigen Kampf gegen die vielfältigen Erscheinungsformen des Sozialleistungsbetrugs möchte ich vor allem den engagierten Polizistinnen und Polizisten der Fremden- und Grenzpolizei, im Besonderen der koordinierenden Polizeiinspektion Graz-Paulustor-FGP, meinen Dank aussprechen. Die Steigerung der Delikte innerhalb dieser Kriminalitätsform von mehr als 70% im Vorjahr und der dabei entstandene Schaden von über 1,2 Millionen Euro allein in der Steiermark zeigen, wie wichtig diese akribische Ermittlungsarbeit ist.
so der steirische Landespolizeidirektor Gerald Ortner bei der heutigen Pressekonferenz. Innenminister Karl Nehammer:
Ich gratuliere den beteiligten Beamtinnen und Beamten für diesen großen Schlag gegen den organisierten Sozialleistungsbetrug. Sozialleistungen sind ein wichtiger Eckpfeiler unserer Gesellschaft. Sie fangen diejenigen auf, die auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind. Es gibt jedoch auch Menschen, die ohne Anspruch Leistungen beziehen wollen und das Sozialsystem und die Wirtschaft schwächen – dagegen braucht es eine entschiedene Vorgangsweise und entsprechende Sanktionen.
Task Force „Sozialleistungsbetrug“ im Bundeskriminalamt
Um Sozialleistungsbetrug noch stärker zu bekämpfen, ist vor zwei Jahren im Bundeskriminalamt die Task Force „Sozialleistungsbetrug“ gegründet worden, die laut Nehammer eine österreichweite Bekämpfung des Sozialleistungsbetrugs gewährleistet. Die Task Force diene als zentrale Ansprechstelle, arbeitet intensiv mit den auszahlenden Stellen zusammen und sei mit den Verantwortlichen in den Landespolizeidirektionen für Sozialleistungsbetrug optimal vernetzt. Darüber hinaus ist eine interministerielle Steuerungsgruppe installiert worden, an der das Innen-, das Justiz-, das Finanz- und das Sozialministerium beteiligt sind.