Die sicherheits- und kriminalpolizeiliche Lage im öffentlichen Raum wird laut der Polizei laufend einer Evaluierung durch Exekutive und Sicherheitsbehörden unterzogen. So zeigt eine Analyse der jüngsten Daten einen deutlichen Anstieg an Suchtmitteldelikten im Grazer Volksgartenpark. Dabei stellte die Polizei innerhalb des ersten Halbjahres 2024 im betroffenen Park und im Vergleich zum selben Zeitraum des Vorjahres einen Anstieg der Delikte um rund 45 Prozent fest.
Suchtmittel-Spürhunde der Polizeidiensthundeinspektion Graz stöberten heuer allein im Volksgartenpark bereits Drogen im Straßenverkaufswert von rund 60.000 € auf. Dabei handelt es sich um rund fünf Kilogramm Marihuana, aber auch Kokain oder Amphetamin (z.B. Ecstasy-Tabletten), welches in sogenannten „Drogen-Bunkern“ versteckt sichergestellt wurde. Suchtmittel, die auch beim Auffinden durch Kinder eine erhebliche Gefahr darstellen können.
Im Grazer Volksgarten und im Metahofpark gab es 2019 bereits einmal Schutzzonen, 2021 für den Stadtpark.
Wo gilt die Schutzzone Volksgartenpark?
- Das Sicherheitspolizeigesetz sieht für derartige Fälle und mit dem Zweck des Schutzes Minderjähriger die Möglichkeit einer Schutzzone (§ 36a SPG) rund um Schulen, Kindergärten oder vergleichbarer Schutzobjekte vor.
- Diese kann zeitlich beschränkt für maximal sechs Monate von der örtlichen Sicherheitsbehörde verordnet werden, bevor eine neuerliche Überprüfung erforderlich ist.
- Aufgrund des nun festgestellten Anstiegs der Suchtmitteldelikte im Volksgarten und der diagnostizierten Trendumkehr in einer Langzeitbeobachtung verordnete die Sicherheits- und Verwaltungspolizeiliche Abteilung nun eine derartige Schutzzone für den Volksgartenpark in Graz.
- Die diesbezügliche Verordnung tritt mit 15. Juli 2024 um Mitternacht für längstens sechs Monate in Kraft.
Der steirisches Landespolizeidirektor Gerald Ortner über die Schutzzone um den Volksgartenpark:
Betretungsverbot und Strafen möglich
- Die Polizei kann nun beim Verdacht gerichtlich strafbarer Handlungen nach dem Straf-, Verbots- oder Suchtmittelgesetz auch Betretungsverbote für den Bereich der Schutzzone aussprechen und Personen aus dieser wegweisen.
- Dabei sind bei Missachtung (zusätzliche) Geldstrafen bis zu 1.000 € und im Wiederholungsfall bis zu 4.600 € oder Ersatzfreiheitsstrafe bis zu vier Wochen möglich.
Die Polizei wird laut eigenen Angaben die Kontrollen im Volksgarten weiterhin erhöhen und die Schutzzone verstärkt im Zuge des Streifendienstes sowie mit gezielten Schwerpunktkontrollen uniformiert und zivil überwachen. Weitere Schutzzonen wie beispielsweise für den Stadtpark sind zum aktuellen Zeitpunkt nicht geplant.
Polizistinnen und Polizisten werden alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um jene zu schützen, die diesen Park nutzen wollen. Kinder werden geschützt und Gewalttäter aus dem Verkehr gezogen“, so Gerhard Karner. Der Innenminister ergänzte, dass in den vergangenen Monaten die Suchtgiftdelikte massiv angestiegen seien und die Möglichkeit zur Verordnung einer Schutzzone ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Suchtmittelkriminalität sei.
so Innenminister Gerhard Karner bei einer Pressekonferenz mit Landeshauptmann Christoph Drexler am 12. Juli 2024 im Volksgarten.
Der Landeshauptmann sagte:
Ich bin wirklich froh und dankbar, dass es möglich gemacht wurde, den Grazer Volksgartenpark ab Montag zur Schutzzone zu erklären. Denn was Polizistinnen und Polizisten erleben und Anrainerinnen und Anrainer über die Vorgänge hier schildern, offenbart völlig inakzeptable Zustände. In einem Park, den Familien mit Kindern gerne nutzen würden, wo sich Jugendliche treffen wollen und wo es Schulen in unmittelbarer Nähe gibt, muss die Kriminalität – und insbesondere die Drogenkriminalität – mit aller Entschlossenheit und Härte bekämpft werden. Die Schutzzone ist ein wichtiger Schritt, um wieder für mehr Ordnung im Volksgartenpark zu sorgen. Das ist meine Erwartung im Interesse der Sicherheit der Steirerinnen und Steirer und der Grazerinnen und Grazer. Mir ist besonders wichtig, dass die Entwicklungen im Volksgarten, aber auch in anderen Parks, in der ganzen Stadt und in der Steiermark insgesamt weiterhin genau im Auge behalten werden. Damit im Bedarfsfall auch an anderen Orten mit Konsequenz und polizeilichen Maßnahmen reagiert werden kann. Denn es geht um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger in der Steiermark.
Reaktionen auf die Schutzzone Volksgartenpark
Nach dem Medientermin im Volksgarten, bei dem neben Innenminister Karner (ÖVP), Landeshauptmann Drexler (ÖVP) und am Rande der Grazer Stadtrat Hohensinner (ÖVP) anwesenden waren, stellte die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) in einer Presseaussendung klar:
Der Einsatz der Ordnungswache hat nach einem Monat schon zu vielen positiven Veränderungen geführt, wie auch Rückmeldungen aus der Nachbarschaft zeigen. Diese Maßnahmen werden im Einvernehmen mit der Polizei weitergeführt, um zu einer dauerhaften Verbesserung der Situation im Volksgarten beizutragen.
Auf Initiative der Bürgermeisterin würden seit einem Monat täglich von 14 bis 21 Uhr Streifen der Ordnungswache im Volksgarten statt finden. Die eigens für diese sensible Aufgabe geschulten Streifen konnten in dieser Zeit hunderte Gespräche führen und dort, wo sie keine Zuständigkeit haben, die Polizei unterstützen, etwa beim Thema Drogenhandel und –konsum. Darüber hinaus würden regelmäßige Veranstaltungen der Stadt Graz im Park stattfinden, um die Vielfalt der Aktivitäten zu erhöhen und dadurch die exklusive Nutzung mancher Areale zu verhindern. Auch vom Friedensbüro der Stadt Graz koordinierte Informationsveranstaltungen würden zum Ziel beitragen, die Parkanlage für alle Grazerinnen und Grazer angstfrei nutzbar zu machen.
Kritisch sieht die Schutzzone Maria Reiner vom Verein Stadtteilprojekt ANNENViERTEL:
Tatsächlich führen „Lösungsvorschläge“ wie die vorgeschlagene Schutzzone nur dazu, dass es allen schlechter geht. Die Einen haben dann noch mehr Angst vor „den Ausländern“ und die Anderen müssen sich vor aggressiveren Repressalien fürchten, selbst Unbeteiligte, die unter Umständen fürchten müssen, in ihren jeweiligen Asylverfahren zurückgestellt zu werden. Das Problem wird verlagert, die „Szene“ versteckt sich dann eben, wie bereits bei der ersten Schutzzone zu beobachten, in den Einfahrten, Höfen, Gassen rund um den Volksgarten und verzieht sich in andere Stadtteile. Das deckt sich außerdem wesentlich mit der Bilanz der Grazer Polizei. Alle verlieren bei dieser Vorgangsweise an Lebensqualität, verlieren subjektive Sicherheit und damit Raum in der Stadt für tatsächliche Begegnung und gelebte Mitverantwortung. Das erhöht wiederum den Handlungsspielraum für populistische, noch radikalere Positionen – eine Abwärtsspirale.
Der Landesparteiobmann der FPÖ Steiermark Mario Kunasek:
Die enorm zunehmende Kriminalität im Volksgarten war seit Jahren evident. Bedauerlicherweise schafft es die ÖVP nur unmittelbar vor Wahlen auch wirklich tätig zu werden. Jahrelang überließ man vor allem ausländischen Suchtgifthändlern und anderen Kriminellen den Grazer Park, obwohl die FPÖ seit Ende 2021 wiederholt auf die Wiedereinführung der wirksamen Schutzzonen pochte. Aus unserer Sicht sollten auch weitere Schutzzonen dringend geprüft werden – nur mit dem Volksgarten ist die Problematik nicht gelöst.
Fotos Inside Graz / Steirerwerk