Start Graz Chronik Kinderklinik & Kinderärzte am Limit: Reagiert die Politik?

Kinderklinik & Kinderärzte am Limit: Reagiert die Politik?

Wir fragten die steirische Gesundheitslandesrätin Bogner-Strauß (ÖVP) und den Grazer Gesundheitsstadtrat Krotzer (KPÖ): Was werden Sie bezüglich des immer größer werdenden Problems mit Kapazitäten bei den steirischen Kinderärtz:innen und in der Kinderklinik unternehmen?

Kinderklinik Ambulanz

Vor allem aufgrund von Infektionen mit Influenza- und RS-Viren suchen derzeit primär Familien mit Kindern unter sechs Jahren die Ambulanz der Kinderklinik in Graz auf. Aktuell werden 200 statt wie im Normalfall 110 Patient:innen pro Tag versorgt.

Kinderärzte sind sehr bemüht aber überlastet, oft erreicht man seinen Kinderarzt gar nicht mehr telefonisch für einen Termin. Zudem gibt es in Graz zu wenig Kinderärzte.

Appell an Eltern: Kinderklinik nur im Notfall aufsuchen

Um die Versorgung bestmöglich zu gewährleisten, appelliert die Führung des LKH-Univ. Klinikum Graz an alle Eltern von (Klein-)Kindern, die pädiatrische Ambulanz nur im Notfall aufzusuchen, sowie die Kinder gegen Influenza impfen zu lassen.
Jedes Kind, das die Hilfe vom Team der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde benötigt, bekomme diese auch trotz der aktuellen Situation und auf bestmöglichem medizinischem und pflegerischem Niveau.

Um den enormen Ansturm zu bewältigen, wurden die personellen Ressourcen unter Ärzteschaft und im Pflegeteam zwar erhöht, dennoch kann es zu längeren Wartezeiten und Kapazitätsengpässen kommen.

Versorgungsbedarf aufgrund von Infektionen mit Influenza- und RS-Viren derzeit besonders hoch

  • Pro Tag werden in der Ambulanz 200 junge Patient:innen versorgt, der Großteil davon ist unter sechs Jahre alt und benötigt daher einen weitaus höheren Betreuungsaufwand. Im Normalfall liegt die durchschnittliche Ambulanzzahl bei 110 Personen.
  • Im stationären Bereich besteht ein Überbelegung von 16 Patient:innen, wodurch wiederum Gangbetten benötigt werden. Aktuell werden außerdem 29 sauerstoffpflichtige Kinder auf der Normalstation versorgt.

Welche Maßnahmen die Kinderklinik trifft

  • Die Zahl der Ärztinnen und Ärzte in der Ambulanz wurde laut einer Aussendung von vier auf sieben erhöht.
  • Das Pflegeteam hat hausintern Verstärkung aus der Pflege sowie aus dem Bereich der Biomedizinischen Analytik bekommen.
  • Der administrative Medoffice-Dienst wurde ebenfalls personell erhöht, sodass die Ambulanzschalter nun 24 Stunden besetzt sind.
  • Im stationären Bereich wurde das Pflegeteam um 15 Personen verstärkt, fünf davon kommen aus dem LKH Graz II.
  • Durch diese Maßnahmen konnten mit 5. Dezember zusätzlich sieben stationäre Betten zur Verfügung gestellt werden. Ab 9. Dezember werden weitere acht Betten betrieben.

Das LKH ruft auch dazu auf, Kinder gegen Influenza impfen zu lassen. Die Zahl der Patient:innen könnte bei erfolgter Grippeimpfung um 20 Prozent geringer sein.

Kinderärzte kämpfen mit Ansturm

Parallel zur Kinderklinik, kämpfen auch Kinderärzte seit langem mit dem Ansturm. Es macht den Eindruck, dass seit Corona die Infektionen bei (Klein-)Kindern heftiger ausfallen.

Neben den drei gefährlichen Infektionen RSV, Coronavirus und Influenza, zirkulieren 70 bis andere 80 Viren in den Kindergärten. Aktuell Atemwegs-, Magen- und Darminfektionen mit teils über 40 Grad Fieber und Kehlkopfentzündungen, so der Sprecher der steirischen Kinderärzte, Hans Jürgen Dornbusch, gegenüber orf.at. Er führt die Heftigkeit der diesjährigen Erkältungswelle unter anderem auf die Pandemie zurück: Schließungen von Schulen und Kindergärten hätten verhindert, dass viele Infektionen aufgetreten sind. Dadurch sind die Immunsysteme der Kinder nicht gegen diese Infekte gestärkt und damit anfällig. Diese Aussage haben wir bereits von Kinder- und HNO-Ärzten sowie Kindergartenpädagogen gehört.

In der Verantwortung für die Verschärfung bei der Auslastung in der Kinderklinik steht auch die Gesundheitskasse. Diese hat den 2019 gestarteten Kinder- und Jugendnotdienst an Wochenenden und Feiertagen im März 2022 aus Kostengründen wieder eingestellt.

Der Appell vom LKH Graz, die Kinderklinik nur im Notfall auszusuchen, mag zwar logisch und sinnvoll sein –  als Eltern von jungen Kindern ist es im Falle des Falls oft schwer die Nuancen zu beurteilen, ob ihr Kind nun ein Notfall ist oder nicht. Aus eigener Erfahrung kommt es einem vor, als ob sich Krankheiten gerade an Feiertagen oder an Wochenenden zuspitzen, gerade dann, wo der eigene Kinderarzt nicht mehr offen hat. Hier war der Kinder- und Jugendnotdienst an Wochenenden und Feiertagen eine wichtige Anlaufstelle vor der Fahrt ins Krankenhaus.

Was unternimmt das Land Steiermark?

Wir fragten die zuständige Landesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP): Was werden Sie bezüglich des immer größer werdenden Problems mit Kapazitäten bei den steirischen Kinderärtz:innen und in der Kinderklinik unternehmen?

Das Pflege-Personal wurde aufgestockt, die Zahl der ÄrztInnen von vier auf sieben erhöht sowie die Ambulanz ist 24h besetzt.

Um eine kurzfristige Entlastung zu schaffen wird es wichtig sein, den niedergelassenen Bereich zu nutzen – die Kinderärztinnen und Kinderärzte sowie die Allgemeinmedizin. Darüber hinaus steht auch das Kindertelefon sowie der Bereitschaftsdienst zur Verfügung. Meine Bitte ist wirklich, diese Angebote wahrzunehmen!

antwortete uns Phillip Seiser vom Büro der Landesrätin.

Was unternimmt die Stadt Graz?

Die gleiche Frage stellen wir auch an Robert Krotzer (KPÖ), zuständiger Stadtrat in Graz.

Ich weise seit Jahren darauf hin, dass es im gesamten Gesundheitsbereich viele Versäumnisse und noch mehr Herausforderungen gibt, die nur gemeinsam und auf Augenhöhe gelöst werden können. Die Stadt ist gerne bereit bei konkreten Projekten im Rahmen der möglichen Ressourcen zu unterstützen, jedoch kann die Kommune nicht die Aufgaben des Landes übernehmen.

so der Gesundheits- und Pflegestadtrat Krotzer.

Das Land Steiermark, der Gesundheitsfonds und die ÖGK haben den gesetzlichen Auftrag, die Gesundheitsversorgung im niedergelassenen und stationären Bereich sicherzustellen. Sie sind damit auch zuständig für eine ausreichende Besetzung der Kinderarzt-Kassenstellen. Die Stadt Graz unterstützt im Rahmen ihrer Möglichkeiten selbstverständlich bei konkreten Projekten, hat aber weder die finanziellen Mittel noch die gesetzgeberischen Rechte hier in großem Maßstab Abhilfe zu schaffen für Versäumnisse übergeordneter Stellen. Dennoch leistet Graz wichtige Beiträge für die Gesundheitsversorgung nicht nur der Grazer:innen, sondern auch vieler Bewohner:innen des Umlandes. So sind den Gesundheitszentren zum Beispiel Sozialarbeiter:innen des Gesundheitsamtes zugeteilt.

so Peter März, vom Büro des Stadtrates. Im Gegensatz zu dem Wiener Gesundheitsstadtrat, der gleichzeitig Stadt- und Landesrat und daher deutlich mehr Aufgaben und Kompetenzen hat, befasse sich das Gesundheitsamt der Stadt Graz nicht mit der Akutversorgung von Patient:innen und habe auch keinen Einfluss auf die Anzahl von Kassenarzt-Stellen.

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