Das Kulturressort des Landes Steiermark und das Institut für Kunst im öffentlichen Raum Steiermark am Universalmuseum Joanneum haben basierend auf einer Idee der „Kronen Zeitung“ im April 2020 einen Wettbewerb zur Gestaltung von Skulpturen in Reflexion auf die Corona-Pandemie und ihre Auswirkungen in der Steiermark ausgeschrieben und gemeinsam zur Umsetzung gebracht. Aus insgesamt rund 300 Einreichungen von 220 Künstlerinnen und Künstlern mit Steiermark-Bezug hat eine siebenköpfige Jury Mitte Juli 2020 zehn Finalisten ausgewählt. Im September 2020 wurden die drei Siegerprojekte gekürt. Ein Jahr später kann nun das erste verwirklichte Corona-Denkmal präsentiert werden:
Denkmal „Distanzierte Nähe“
Das Corona-Denkmal Distanzierte Nähe ist in direkter Blickachse zur Burg, dem Sitz der Steiermärkischen Landesregierung, aufgestellt, wo wesentliche Entscheidungen in Bezug auf die Covid-19-Pandemie getroffen wurden. Zwei parallele Betonwände versinnbildlichen den Weg durch die Krise und laden zum Durchschreiten ein. Deren räumliche Distanz visualisiert den in der Pandemie omnipräsenten Meterabstand. Mittels aufgerauter, schwarz lackierter Innenseiten verweist Wolfgang Becksteiner auf die Schwierigkeiten dieser herausfordernden Zeiten. Die Enge und Dunkelheit im Inneren des Objekts lassen die Bedrückung durch die Pandemie physisch nachvollziehen, gleichzeitig wird der zu durchschreitende Gang zum Ausweg. Die beiden Betonwände sind 220 Zentimeter hoch, 340 Zentimeter lang und 20 Zentimeter stark und sind in einem Abstand von einem Meter zueinander aufgestellt.
Der Jury-Vorsitzende Ralph Schilcher betonte bei der Präsentation des ersten Corona-Denkmals, dass die Kunstwerke immer daran erinnern werden, welch schwere Zeiten wir auch im 21. Jahrhundert hatten: „Die Corona-Denkmäler sollen verhindern, dass ein so einschneidendes Ereignis in der Vergessenheit verschwindet.“ Er dankte seinen Jury-Kollegen und merkte an, dass die Aufgabe, aus den rund 300 Einreichungen die Siegerprojekte auszuwählen, wahrlich keine einfache war: „Dieser Wettbewerb ist ein klares Zeichen, wie lebendig die steirische Kulturszene ist.“ Ralph Schilcher strich hervor, dass die Wahl für das Denkmal von Wolfgang Becksteiner einstimmig ausgefallen ist und ist sich sicher: „Es wird bei uns so sein, wie beim Durchschreiten dieses Denkmals: am Ende steht wieder Licht.“
Die Leiterin des Instituts für Kunst im öffentlichen Raum am Universalmuseum Joanneum, Elisabeth Fiedler, beschrieb die Arbeit Wolfgang Becksteiners und den Entstehungsprozess des Corona-Denkmals mitten in einer Situation der Pandemie, in die wir alle unvermuteter Weise hineingesogen wurden. Sie charakterisierte Wolfgang Becksteiners Denkmal „Distanzierte Nähe“ als „ein zurückhaltendes Denkmal, das einen klaren Gedanken positioniert und ein Zeichen setzt“. Umso wichtiger sei daher der Ort und die Positionierung. „Ich bin dankbar, dass wir dieses Denkmal hier realisieren konnten, mit Blick auf die Burg, wo wesentliche Entscheidungen zur Pandemiebekämpfung getroffen wurden“, so Elisabeth Fiedler.
Kulturlandesrat Christopher Drexler:
Ein wesentliches Ziel des Wettbewerbs war es außerdem, einen Impuls für die von den Einschränkungen so schwer getroffene Kunst- und Kulturszene zu setzen. Allein die beeindruckende Zahl von 220 Künstlerinnen und Künstlern, die sich beteiligt haben, zeigt den Erfolg unserer Initiative. Ich gratuliere Wolfgang Becksteiner sehr herzlich zu seinem wohldurchdachten Siegerprojekt ‚Distanzierte Nähe‘, mit dem man sich ab sofort im Burggarten auseinandersetzen kann, und freue mich schon auf die Realisierung zweier weiterer Corona-Denkmäler in der Steiermark.
Die weiteren beiden Siegerprojekte
- Werner Reiterer: Die Vielschichtigkeit der Arbeit Werner Reiterers überzeugte die Jury ebenfalls: Der langfristige Prozess des Versinkens einer tonnenschweren Kugel im Erdboden, der viele Jahrzehnte dauern wird, ist vergleichbar mit dem Eindringen eines gefährlichen Virus in die menschliche Zelle. Dieses Verschwinden des Corona-Denkmals thematisiert auch das kollektive Vergessen der Pandemie im Laufe der Zeit. Ähnlich wie es bei der Spanischen Grippe 1918 der Fall war.
- Michael Schuster: Mit seiner Arbeit „Covid-19 2020 – Cool down and Panic!“ setzt Michael Schuster ein klares und unverwechselbares Zeichen. Das Corona-Denkmal bildet mithilfe eines Lichtbetonsockels und eines mehrschichtig angelegten Spezialstahls die noch bestehende Krisensituation in ihrer Vielschichtigkeit und Zwiespältigkeit ab. Bedrohung und Zerbrechlichkeit unseres Lebens werden durch irritierend gesetzte Lichtsignale vermittelt. Damit will der Künstler Risse, Spaltungen und Ungleichheiten in der Gesellschaft und unserem Leben sichtbar machen.
- Das Corona-Denkmal von Werner Reiterer wird noch in diesem Jahr im Stadtpark in Leibnitz realisiert werden. Für das Denkmal von Michael Schuster findet gerade die finale Wahl eines Standortes in Graz statt.
© Foto Land Steiermark/Foto Frankl