Im Rathaus wurde heute der Masterplan für die Radoffensive Graz 2030 von Stadt und Land Steiermark präsentiert. Im Herbst 2019 haben sich die Landeshauptstadt Graz und das Land Steiermark auf die größte Radverkehrsoffensive geeinigt, die jemals in Österreich in Angriff genommen wurde. Damit soll Graz soll eine Radhauptstadt werden.
Mit einer Gesamtinvestition von 100 Millionen Euro werden bis 2030 rund 200 Kilometer neue Radrouten, Abstellanlagen und ergänzende Einrichtungen geschaffen. Im Modal Split soll der Anteil jener Alltagswege, die mit dem Fahrrad zurückgelegt werden, mittelfristig von rund 20% auf 30% gesteigert werden.
Masterplan zur Radoffensive Graz 2030
Laut dem Masterplan kann und soll der Radverkehr als integraler Bestandteil der Stadtentwicklung das Leben aller Menschen verbessern, die In Graz wohnen, arbeiten und zu Gast sind. Soll die Grazer Innenstadt auch in Zukunft ein belebtes und einladendes Zentrum mit Geschäften, Gastgärten und Begegnungszonen bleiben bzw. angesichts des dynamischen Bevölkerungswachstums für noch mehr Menschen werden, kommt es darauf an, die für Fortbewegung verfügbaren Flächen so effizient wie möglich zu nutzen. Internationale Beispielen belegen, dass dies nur durch eine weitestgehende Verlagerung des motorisierten Individualverkehrs auf Aktive Mobilität (Fuß- und Radverkehr) sowie auf Öffentlichen Verkehr (ober und unterirdisch) gelingen kann.
Mit dem Brüsseler Städteplaner und Architekten Stefan Bendiks haben Stadt Graz und Land Steiermark einen international gefragten Radverkehrs-Experten als „Masterplaner“ engagiert. Sein Büro hat die Gesamtkoordination der sechs lokalen SektorenplanerInnen übernommen und ist verantwortlich für die übergeordnete Netz- und Systemplanung. In Summe waren und sind mehr als 50 Expertinnen und Experten mit der Erarbeitung des Masterplans befasst. Bendiks plädiert dafür, Radverkehr nicht nur als reinen Selbstzweck isoliert zu betrachten:
Die Verlagerung von einem Teil des motorisierten Individualverkehrs auf das Fahrrad hat im Zuge eines nachhaltigen Mobilitätswandels jede Menge positive Auswirkungen auf die Entwicklung urbaner Räume. Es entstehen neue Begegnungs- und Verweilzonen sowie zusätzlicher Grünraum. Zugleich sinken der Lärmpegel und die Abgasbelastung – in Summe kann eine Stadt wie Graz durch eine solche Offensive noch attraktiver werden und an Lebensqualität gewinnen.
Bislang sind 22 Teilstücke auf diversen Haupt- und Nebenrouten so weit durchgeplant, dass nach Einreichung und Genehmigung durch das Straßenamt mit der baulichen Umsetzung begonnen werden kann. Die Realisierung dieser Teilstücke erfordert fast das gesamte bis 2030 veranschlagte Budget von 100 Millionen Euro.
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„Die Lösungsvorschläge der Expertinnen und Experten liegen auf dem Tisch. Wir wissen nun, dass wir mehr als 100 Millionen Euro brauchen werden, um den gesamten Masterplan mit rund 100 neuen Radkilometern umzusetzen. Und wir wissen auch, dass ein nachhaltiger Mobilitätswandel nicht nur viel Geld kostet, sondern auch Mut zur Umsetzung erfordert. Jede Veränderung verlangt Hingabe und Kompromisse. Stadt, Land und die VerkehrsexpertInnen werden ab Herbst im Zuge einer Roadshow alle Pläne präsentieren und mit Bevölkerung und Wirtschaft in Dialog treten. Erste Meter machen wir bereits im heurigen September, wenn die Bauarbeiten für den großzügigen Geh-und Radweg in der Puchstraße starten.
so Bürgermeister Siegfried Nagl und Verkehrsstadträtin Elke Kahr:
Mit der Radoffensive wird für die nächsten Jahre ein großer Ausbau der Radinfrastruktur erfolgen. Die Vorbereitungen – Masterplan, Sektorenplanungen – sind weit gediehen; danke den zahlreichen Beteiligten. Jetzt gilt es, die Projekte auf den Boden zu bringen. Das braucht seine Zeit, auch wenn wir schon ungeduldig erste Baustellen sehen wollen. Und es ist ja nicht so, dass neben der Radoffensive nicht auch weiter an den Hausaufgaben gearbeitet wird: So startet In den kommenden Tagen der Ausbau im nächsten Radweg-Abschnitt Keplerstraße, an der Gradnerstraße wird vom Land weiter Richtung Straßgang gebaut und in der Georgigasse erfolgt noch heuer der wichtige Lückenschluss zwischen Schlossgasse und Baiernstraße.
Planungsgrundsätze für die Radoffensive in Graz
- Mehr Lebensqualität für den öffentlichen Raum: Radverkehr wird zu einem integralen Bestandteil der Stadtentwicklung mit dem Ziel, die Lebensqualität im öffentlichen Raum nachhaltig zu verbessern. Daher geht die Planung von Radverkehrsanlagen – wo immer das möglich ist – mit der Schaffung von zusätzlichen Verweilzonen und Grünraum einher.
- Verbesserungen für den Radverkehr ohne Nachteile für Fuß- und öffentlichen Verkehr: Bei planerischen und baulichen Eingriffen in öffentliche Verkehrsflächen ist sicherzustellen, dass sich die Gesamtsituation für den Radverkehr verbessert. Verbesserungen für den Radverkehr dürfen im Gesamtsystem zu keiner Verschlechterung für FußgängerInnen und Öffentlichen Verkehr führen. Mischnutzungen von Rad- und Fußverkehr sind generell zu vermeiden. Ausgenommen in Bereichen, wo dies der Aufenthaltsqualität zugutekommt.
- Attraktivierung mittels Durchgängigkeit und maximale Sicherheit: Der Radverkehr erhält eine ebenso durchgängige Infrastruktur wie die anderen Verkehrsarten. Hauptrouten werden in Hinblick auf direkte Verbindungen, Attraktivität und Sicherheit mit der gleichen Konsequenz geplant wie Korridore für den Öffentlichen Verkehr und motorisierten Individualverkehr. Wo ohne Umwege sichere Routenführungen nicht anders zu realisieren sind, bekommt Radverkehr den Vorzug gegenüber dem motorisieren Individualverkehr. Bei Entfall von Parkplätzen zugunsten des Radverkehrs werden für Anrainer und Besuch alternative Angebote geschaffen.
- Konfliktvermeidung an Kreuzungen: Zugunsten der Sicherheit des Rad- und Fußverkehrs erfolgen Ampelschaltungen soweit wie möglich konfliktfrei. An Kreuzungen hat die Durchgängigkeit des Radverkehrs Priorität gegenüber Parkplätzen, Ladezonen sowie Abbiegestreifen für den motorisierten Individualverkehr.
- Effizientere Nutzung verfügbarer Abstellflächen: An allen wichtigen Zielorten werden komfortable Fahrradabstellanlagen errichtet. Wo es trotz Bedarf keine oder zu wenige Fahrradabstellplätze gibt, werden – in Sinne einer effizienteren Flächennutzung – Parkplätze in Stellplätze für Einspurige umgewidmet.
- Sichere Öffnung des Einbahnsystems für den Radverkehr: Nach Möglichkeit werden sämtliche Einbahnstraßen für den Radverkehr in beide Fahrtrichtungen geöffnet und mit angemessen breiten Fahrradstreifen oder als Fahrradstraßen aus- und umgebaut.
- Priorität für aktive Mobilität im Stadtkern: In der Innenstadt und den Stadtteil- und Bezirkszentren bekommen Fuß- und Radverkehr oberste Priorität, gefolgt von Öffentlichem Verkehr und motorisiertem Individualverkehr.